Wieso ist Ressourcenpolitik auch Wirtschaftspolitik?
Weil unsere Wirtschaft im höchsten Grade von natürlichen Ressourcen abhängig ist. Einige davon werden knapp oder deren Produktion konzentriert sich auf wenige Länder – wie etwa bei den seltenen Erden. So konnte man kürzlich in der Zeitung lesen, dass der Schweizer Skihersteller Stöckli mit fehlenden Materialien wie Holz oder Aluminium kämpft. Die Pandemie hat uns vor Augen geführt, dass unsere Volkswirtschaft für systemische Krisen sehr anfällig ist. Aber auch betriebswirtschaftlich ist Ressourceneffizienz interessant, stellen doch Materialkosten häufig den grösseren Kostenfaktor dar als etwa die Energie.
Kommen wir zum zweiten Bereich:
Wieso ist Ressourcenpolitik auch Umweltpolitik?
Der Abbau und die Verarbeitung von Ressourcen zu Materialien und Gütern hat einen entscheidenden Einfluss auf unser Klima, es wird geschätzt dass sie weltweit für etwa die Hälfte der Treibhausgas- emissionen verantwortlich sind. Eine Kreislaufwirtschaft ist somit Voraussetzung um die Klimaziele zu erreichen. Nur schon was die Ernährung angeht, ist das Ausmass an Verschwendung für den Schweizer CO2-Fussabdruck beträchtlich. Ein ganzer Drittel aller Nahrungsmittel geht zwischen Feld und Teller gemäss einer kürzlich veröffentlichten WWF-Studie verloren.
Das Beispiel Food Waste zeigt, dass wir bei der Kreislaufwirtschaft entlang der ganzen Wertschöpfungskette ansetzen müssen – vom Feld bis zum Teller. Die Initiative konzentriert sich hingegen vor allem auf den ressourcenschonenden Konsum und dabei grösstenteils auf Privathaushalte – also nur einen Teilbereich der Kreislaufwirtschaft. Deswegen befürworten wir den Gegenvorschlag und lehnen die Initiative ab.
Was ist unser Verständnis von Kreislaufwirtschaft
Unser Verständnis von Kreislaufwirtschaft ist umfassend. Bei der Kreislaufwirtschaft geht es um weit mehr als ums Recycling und ums Alpapier- und Altglassammeln! Es geht darum, dass wir die Art und Weise wie wir Produkte herstellen und nutzen neu denken! Das beginnt bereits beim Einsatz von erneuerbaren und recycelten Materialien, aber auch beim Produktdesign. Dieses soll gewährleisten, dass Produkte möglichst flexibel und lange genutzt werden können etwa dank Qualität, dem Einsatz von Sensoren, Reparaturen oder Wartung. Die Nutzungsdauer kann aber auch durch neue Businessmodelle verlängert werden. Stichworte sind Sharing-Modelle oder “Product as a Service”, bei denen Produkte nicht mehr besitzt werden sondern geteilt und vermietet. Und falls ein Produkt irgendwann nicht mehr verwendet werden kann, kommt noch die Wiederverwertung ins Spiel, um die es im Gegenvorschlag vor allem geht. Gemeint ist die Gewinnung von nützlichen Ressourcen aus gebrauchten Materialen, Nebenprodukten und Abfällen – was wiederum eine modulare Bauweise und eine einfache Zerlegbarkeit der Produkte bedingt.
Insgesamt geht es also um die Minimierung des Ressourcenverbrauchs durch Schliessung, Verlangsamung und Verkleinerung von Materialkreisläufen – so dass am Schluss eben KEIN Abfall mehr resultiert.
Konkrete Beispiele von Kreislaufwirtschaft auf kantonaler Ebene
Jetzt denken sie vielleicht, das ist ja alles schön und gut, aber wieso ist dies auf kantonaler Ebene relevant und wieso braucht es eine neue Regelung?
Weil wir eben heute noch stark nach der linearen Denkweise funktionieren und gerne möglichst vieles bequem in den Kehrichtverbrennungsanlagen verbrennen. Deshalb ist es wichtig, dass eine Prioritätenordnung festgehalten wird. Der Gegenvorschlag legt nahe, dass die Vermeidung von Abfällen erste Priorität hat, dann kommt die Wiederverwendung vor der stofflichen Verwertung. Die nationale Gesetzgebung gibt bereits vor, dass die stoffliche Verwertung wiederum der energetische Verwertung vorgezogen wird. Beispiele von Prioritätensetzung wären etwa das Reinigen von Glasflaschen statt das Recyceln (wird heute nicht gemacht), oder das Wiederverwenden von Bauelementen statt das Baustoffrecycling (wird heute nicht gemacht), oder das Reparieren von Elektrogeräte statt das Abgeben in die Sammlung (wird heute selten gemacht). Hier müssen wir ansetzen mit den richtigen Anreizen – auch auf kantonaler Ebene.
Kantonale Einflussbereiche mit hoher Wirkung sind etwa das Beschaffungswesen, die Bauwirtschaft, Food Waste und die Abfallwirtschaft.
Nehmen wir als konkretes Beispiel die Gebäude. In Zürich bleiben bereits rund 80 Prozent der Rückbaumaterialien aus dem Hochbau im Kreislauf – das ist vorbildlich, es gibt aber noch viel Potenzial. Sobald wir erneuerbar Heizen (und dies tun wir ja seit gestern) und gut isolieren, kommen ⅚ der CO2-Emissionen aus der Gebäude-Erstellung. Deshalb ist die Wiederverwertung der Bauteile wichtig und sie ist auch möglich – wie das Beispiel des Projekts K118 in Winterthur zeigt. 15 Bauteile, unter anderen die Stahlkonstruktion und die Fenster wurden wiederverwendet und dabei lokale Wertschöpfung geschaffen und 59 Prozent CO2 eingespart. Um weitere solche Projekte zu ermöglichen braucht es aber die richtigen Rahmenbedingungen. Mit einem Absenkpfad für die graue Energie pro Gebäudefläche oder einer Lenkungsabgabe auf Deponien könnten entsprechende Anreize geschaffen werden. Das ist übrigens ein willkommener Nebeneffekt der Kreislaufwirtschaft – wir benötigen weniger Deponien und müssen weniger darüber streiten wo wir diese erstellen.
Ein weiteres konkretes Beispiel ist die Separatsammlung für gemischten Plastik aus Haushalten. Die Bevölkerung möchte das und der Kanton hat nun anfang Jahr eine entsprechende Empfehlung an die Gemeinden herausgegeben. Wenn sich hier aber dennoch nichts tut, müssen weitere Massnahmen folgen. Auf nationaler Ebene läuft übrigens gerade die Vernehmlassung zur Parlamentarischen Initiative “Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken”. Darin wird unter anderem vorgeschlagen, das kantonale Siedlungsabfallmonopol aufzuheben und Privaten die Sammlung und Verwertung rezyklierfähiger Siedlungsabfälle zu ermöglichen. Dies würde ganz neue Möglichkeiten für verschiedene Branchen und Produkte auftun – aber damit auch neuen Regelungsbedarf.
Schlussworte
Sie sehen, es eröffnet sich ein ganzes Universum an neuen Chancen, das nun auch von nationaler Seite Rückenwind erhält und bei dem wir als Kanton vorangehen können. Mit dem Gegenvorschlag wäre der Kanton Zürich der erste Schweizer Kanton, der die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft explizit in seine Verfassung integriert.
Die in der Kommission angehörten Branchenverbände aus dem Baubereich und die Vertreter des Gemeindepräsidien- verbandes haben den Gegenvorschlag positiv aufgenommen. Denn die Kreislaufwirtschaft eröffnet einen wirtschaftsnaher Ansatz um dem Klimawandel zu begegnen. Einen guten Grund zu Heiraten also.
Die Grünliberalen treten ein – unterstützen den Gegenvorschlag und lehnen die Volksinitiative ab. Wir unterstützen zudem den Minderheitsantrag der Grünliberalen zu dem ich später noch etwas sagen werde.
Vielen Dank.